Gestern habe ich es ausprobiert: 1500 U/min auf der Kurbelwelle und etwas über 70 km/h entsprechen bei mir Gang 6. Dies ist bei unserem Getriebe der direkte Gang, wobei 2 Kupplungen 2 Planetensätze ("input" und "reaction") blockieren und diese somit ohne Abrollen der Zahnräder umlaufen, beim Satz "output" laufen Hohlrad und Steg (dieser geht direkt an die Ausgangswelle) mit der unveränderten Eingangsdrehzahl und nehmen dabei das Sonnenrad leerdrehend mit.
Es ist also gut möglich, daß dieser direkte Gang irgendwie für einen "Notlauf" fix geschaltet wird - wenn er noch funktioniert. Bloß was ist dann mit Rückwärtsgang oder Anfahren? Anfahren im direkten Gang stelle ich mir als Herausforderung für den Wandler vor. Ich kann maximal im 2. Gang anfahren (manuell), die höheren Gänge sind blockiert. Müßte aber grundsätzlich problemlos auch im 4. Gang möglich sein, denn der Rückwärtsgang liegt von der Übersetzung her in dieser Region, und da wird ja auch "angefahren".
Andererseits war es im fixierten 6. Gang problemlos möglich, durch Ausdrehen des Motors auch bis etwa 140 km/h zu fahren, also sollten mäßige "normale" Fahrgeschwindigkeiten kein Problem dargestellt haben. Oder beteiligt sich der Motor mit Drehzahlbegrenzung am Notlaufprogramm des Getriebes?
Ich versuche mir immer noch vorzustellen, welcher Schaden eingetreten sein könnte, und welchen Anteil die Alterung der Hydraulikbrühe im Getriebe daran gespielt haben könnte. Leider nicht als Mann vom Fach, sondern nur interessierter Laie. Aber ich stelle mir schon eine Fehlsteuerung in der Hydraulik bei der Ansteuerung einer Kupplung vor, vielleicht hängt ein Magnetventil, oder der Fehler liegt auf der elektrischen Seite des Ventils oder der Steuerelektronik. Bloß dann würde mir der Zusammenhang mit dem Öl nicht mehr einleuchten.
Lagerschäden oder dergl. im Getriebe sollten langsam entstehen, stetige Geräusche verursachen und sich nicht durch harte Schaltvorgänge ankündigen.
Schade, daß Deine Werkstatt den Fehler nicht suchen, sondern gleich komplett tauschen will. Von der Zeit meiner Recherche zur Technik unseres Getriebes bekomme ich immer noch regelmäßig Berichte als Newsletter aus USA ("Transmission Digest"), in denen Instandsetzungsbetriebe Fehler an diversen Automatikgetrieben beschreiben, und wie sie diese behoben haben. Oft mit verbesserten Komponenten von Drittanbietern, welche Überholungssätze für die Getriebe liefern. Davon sind wir hierzulande wohl weit entfernt...
So schön getriebetechnisch alles bei mir noch funktioniert, so beschleicht mich doch ein dummes Gefühl. Es wäre für mich heute tröstlich, wüßte ich in meinem Auto eine Automatik von ZF am Werke. Und alle, die hier lesen sollten, und bei ihrem Ford 6 Gänge von Hand schalten, würde ich bestärken: Ihr habt die richtige Wahl getroffen!
Ernst